Das Jahr nimmt seinen Lauf, der Alltag hält wieder Einzug. Auch für mich heißt es nun wieder Abschied nehmen – von den Feiertagen und der damit verbundenen Freizeit, von der Familie und von der Heimat. Es schien ganz so als habe auch das Wetter bereits gestern eine düstere Vorahnung beschlichen, zeigte es sich doch traurig und trist. Heute war die Stimmung noch unterkühlter. Ob es mich mit den frostigen Außentemperaturen von -4 Grad vertreiben wollte oder die Züge am Fahren hindern? Ich weiß es nicht. Ich bemerke nur, dass ein kühler Schatten von Wehmut die Atmosphäre weiter abkühlen lässt und vorsichtig seine Klauen um mich legt. Diesem Gefühl könnte ich mich jetzt hingeben, mich darin treiben lassen oder gar darin versinken, aber ich habe mich für das Gegenteil entschieden. Statt traurig oder verängstigt der kommenden und mit Sicherheit kräfteraubenden und stressigen Zeit (fernab meiner Familie und meiner Heimat) entgegenzusehen, versuche ich mich auf die Glücksmomente der letzten beiden Wochen zurückzubesinnen, sie noch einmal zumindest gedanklich zu durchleben und sie auf diese Weise für mich festzuhalten und zu behüten. Was macht es aus, dieses Gefühl von zu Hause? Es scheint aus so vielen kleinen Puzzleteilen zu bestehen, angefangen von dem Gefühl einfach so sein zu können wie man ist, ohne Erwartungshaltungen oder Versteckspiele; Kuscheln und Rumalbern in Rumschlumpfsachen statt seriöser Professionalität (auch mit fast 32!) und die Nähe zu den wichtigsten Menschen, die sonst hunderte Kilometer weit weg sind; statt abends nach langen Arbeitstagen ins Bett zu fallen, weil zu Hause ohnehin niemand wartet, ganz viel Zeit in Gesellschaft zu verbringen mit gemeinsamen Fernsehabenden (ein paar Kullertränen bei Herz-Schmerz-Filmen inklusive) und viele entspannte Schlafsachenfrühstücke. Ich habe in der Zeit viel Liebe und Kraft tanken dürfen, die so wichtig sind, um die neuen Herausforderungen des Jahres meistern zu können. Ich bin einfach so unendlich dankbar für diese Zeit und das Glück, sie mit meiner Familie verbringen zu dürfen. Es ist wichtig und gleichzeitig so schön, sich zu Hause und willkommen zu fühlen. Die Bindung zur Familie gehört zu den wertvollsten Dingen im Leben, die man nicht genug schätzen kann. Zeit mit ihr zu verbringen ist nicht nur wichtig, sondern ein großartiges Geschenk, denn leider ist sie begrenzt. Aber daran möchte ich nicht einmal denken, sondern sie einfach nur genießen. Und das habe ich!
Was tat mir in diese Zeit außerdem gut und kann ich davon vielleicht etwas auch in der Ferne fortsetzen? Die Arbeit auf ein Mindestmaß zurückschrauben wie im Urlaub wird wohl nicht gelingen, aber vielleicht schaffe ich es dennoch ab und an etwas Tempo herauszunehmen. Anfangs ging mir zu Hause alles viel zu langsam, z.B. das beinahe tägliche Einkaufen erschien mir als Zeitverschwendung, auch wenn es wohl viel vernünftiger ist frisch und dafür weniger zu kaufen. Bereits gegen Ende meiner Zeit zu Hause hatte ich mich aber an den anderen Rhythmus gewöhnt. Auch geregelte Tagesabläufe und Nahrungsaufnahmen gab es plötzlich wieder – statt einem schnellen Kaffee am Morgen wartete ein entspanntes Frühstück. Mittags folgten keine riesigen unverdaulichen Massen aus der Kantine, deren Verdauung bis in den späten Nachmittag alles lahmlegt, sondern eine kleinere Portion, die vollkommen ausreicht und weniger lähmt und ermüdet und falls doch, tat ein kurzes Nickerchen unheimlich gut. Ausschlafen – ganz wichtig! Die Schwerpunkte auf andere Dinge zu verlagern, die mindestens genauso wichtig sind, wie Zeit für die Familie, Freunde und Bekannte, aber auch mehr Zeit für Bewegung – Spaziergänge an der frischen Luft für die Vitalität, um mit Neugierde die Heimat (wieder neu) zu entdecken, vielleicht die eine oder andere Momentaufnahme fotografisch einzufangen und sie zu teilen. Plötzlich tickten die Uhren anders, verschoben sich die Schwerpunkte und das Leben entschleunigte sich. Sicherlich werde ich all’ das nicht beibehalten können, aber ich werde versuchen, mich auf diese Dinge zurückzubesinnen, gerade wenn der Alltag wieder tobt und mir zumindest an den Wochenenden die eine oder andere Auszeit gönnen, nach getaner Arbeit häufiger nach Hause spazieren statt lethargisch mit dem Bus nach Hause zu rollen und bei alledem meine Familie ganz tief im Herzen bei mir tragen.
