Herzklopfen – Wie kannst du deine Leidenschaft für den guten Zweck einsetzen?

Ich würde ja gern meine Berufung finden und Menschen damit helfen, aber was kann ich denn schon besonders gut?

Lasse die Antwort zu dir kommen.

Haha, sehr witzig. Wo soll die denn her kommen? Wie lange soll ich denn da warten? Ich bin doch auch nur ein ganz normaler Mensch…

Vielleicht sind dir diese oder ähnliche Gedanken vertraut. Auch dieser Beitrag wird dir leider nicht die Antwort auf die Suche nach deiner ganz persönlichen Berufung liefern, denn sie liegt tatsächlich in dir und nur in dir.

Auch das klingt zunächst wahrscheinlich erst einmal wenig befriedigend. Dabei enthält sie vier gute Botschaften:

  1. Es gibt sie, deine Berufung.
  2. Du weißt, wo sie zu finden ist.
  3. Sie ist sicher aufbewahrt und kann nicht verloren gehen.
  4. Du brauchst nur den Schlüssel zu ihr zu finden.

Diesen Schlüssel zu finden, ist nicht leicht. Das kenne ich nur zu gut. Für mich fühlt es sich so an, als stünde ich vor einem Hochsicherheitstrakt, bei dem ich noch nicht einmal weiß, ob sich der Blick in das Innere lohnt. Ich weiß nicht, welche Sicherheitstechnik sich in deinem Inneren befindet, aber momentan fühlt es sich für mich so an, als wäre es bei mir eine Art Packstation, bei der sich gelegentlich ein Fach öffnet, vielleicht als Puzzlestein für das große Ganze??

Aber wie komme ich nun an einen Abholcode. Ich glaube, das Wichtigste ist, dass wir uns dafür öffnen. Was zunächst nicht minder esoterisch klingen mag, meint letztlich nur, dass wir die Möglichkeiten erkennen, dass wir gelegentlich einen Schritt zurück gehen und mit etwas Abstand auf uns und unser Schaffen schauen. Am wichtigsten ist es dabei, dass wir uns von Vergleichen lösen. Wenn wir auf der Suche nach unserer Berufung sind, glauben wir häufig, wir müssten etwas finden, in dem wir die Besten sind, Wunderkinder unseres Fachs, Genies – mindestens. Da dies aber den Wenigsten von uns (genetisch) vergönnt sein dürfte, können wir uns umdrehen und gehen oder vielleicht noch ein bisschen weitersuchen. Ich möchte jedenfalls daran glauben, dass wir alle eine Aufgabe haben, dass für uns alle eine Berufung verborgen liegt, die wir erkennen und leben dürfen.

Wenn es aber nicht darauf ankommt, eine Disziplin zu finden, in der wir unbesiegbar sind, was ist es dann?

Wenn ihr mich fragt, dann ist es die Leidenschaft. Es geht um die Dinge, die uns Freude bereiten, die uns die Zeit vergessen lassen, die uns gedankenverloren in ihren Bann ziehen. Als Kinder konnten wir alles um uns vergessen und uns ganz darin vertiefen. Ob es ein Bauprojekt war, eine Zeichnung, oder was auch immer unsere Aufmerksamkeit fesselte… Alles um uns war vergessen, bis sich andere Bedürfnisse oder unsere Eltern zu Wort meldeten. Was war es damals? Was ist es heute?

Was uns antrieb, war unsere Passion, denn sie setzt Kräfte und Motivation frei, die unbezahlbar sind. Den Fokus auf diesen inneren Antrieb zu legen, auf die Freude um der Sache wegen, bringt uns unsere Lebensfreude, Leidenschaft, Begeisterung und damit das Ansteckungspotential für Andere. Es geht nicht um Perfektion, den nächsten Abschluss, sondern, dass wir unsere Ziele verwirklichen, die in uns schlummern, weil wir das lieben, was wir tun. Finde heraus, was dir wichtig ist.

Dies schließt auch mit ein, sich davon zu lösen, was anderen wichtig ist. Folge also keinem Egoziel, um die Anerkennung im Außen zu suchen, sondern lass los und mache einfach das, was dir Spaß macht, so wie als Kind damals. Dann wird sich der Weg im Außen fügen.

Öffne dich für neue Erfahrungen. Sei bereit, neue Dinge auszuprobieren, die dir Freude bereiten könnten, die du genießt. Dann hast du bereits gewonnen: inneren Reichtum, Fülle und persönliche Erfolge.

Bei Allem, was uns die gegenwärtige Zeit beschert, bietet sie auch die Chance, sich neu zu entdecken, neue Erfahrungen zu sammeln und andere Schwerpunkte zu setzen. Ich nutze die Zeit, um wieder häufiger in die Turnschuhe zu schlüpfen, habe einen neuen Yoga-Kurs begonnen und das Hullern ausprobiert. All das ist weder originell, noch bin ich Profi in irgendeiner Disziplin davon. Yoga ist per se nicht zum Wettstreit gedacht, sondern um seine eigene, persönliche Mitte zu finden. Den Hulla-Hoop-Reifen musste ich nach freudigem Hüftkreisen schweren Herzens zwischenlagern, bis die Beifall klatschenden blauen Flecken sich wieder zurückgezogen haben. Laufen kann ich glücklicherweise regelmäßig, so dass ich mir eine Grundausdauer aufbauen konnte und es genieße, wenn ich den Kopf aus- und die Beine anschalten kann.

Wer nun erwartet, dass ich endlich über die Berufung schreibe, die sich mir offenbart hat, den muss ich leider enttäuschen. Es war (erstmal) nur ein kleines Fach, das sich für mich öffnete. Der Abholcode hieß „Spendenlauf“. Zufällig stieß ich auf einen virtuell veranstalteten Benefizlauf. Ich habe mich umgehend angemeldet. Auf diese Weise kann ich meine Laufleidenschaft für den guten Zweck einsetzen. Ich bin motiviert, die Turnschuhe zu schnüren und kann gleichzeitig Kinderherzen höher schlagen lassen. Manchmal bedarf es nicht viel, um etwas Gutes zu tun. Ich bin froh und dankbar, dass ich gesund bin und auf diese Weise einer Stiftung helfen kann, damit die kranken Kinderherzen auch kräftig schlagen werden.

Welche Leidenschaft lässt euer Herz höher schlagen?

Unterschätze mich ruhig. Das wird lustig.

Das Beste am Laufen mit Übergewicht? Die Reaktionen der Anderen, wenn man es trotzdem tut!

Meinen ersten Halbmarathon bin ich mit ungefähr 10kg weniger auf den Hüften gelaufen und schon zu dieser Zeit war ich kein Leichtgewicht. Und nein, ich schwelge nicht gerade in Erinnerungen an längst verblichene, dynamische Jugendzeiten. Dieser Lauf ist keine zwei Jahre her.

An dieser Stelle könnte ich jetzt wehmütig zurückblicken, meine Wunden lecken, alle möglichen und tatsächlichen Gründe als Rechtfertigung aufführen, aber wozu? Es ändert nichts, rein gar nichts. Es ist wie es ist. Die einzige Wahl, die mir nun bleibt ist, wie ich künftig damit umgehe. Da Zauberstab wedeln und auf Reset drücken auch dieses Mal keine Option ist, bleibt mir nur der Blick nach vorn. Und was sehe ich?

Ich laufe, auch wenn ich nun ein zusätzliches Trainingskorsett aus 10 Milchtüten mit mir herumschleppe. Ich laufe. Ich laufe aus den gleichen Gründen, warum ich es früher getan habe: weil mich mein Wunderwerk Körper, aller Widrigkeiten zum Trotz, trägt und mir ermöglicht, dass es mir gut geht, dass ich den Kopf frei bekomme, dass ich mich auf und an Erfolge(n) freuen kann, weil es mich Schritt für Schritt näher zu meiner alten Form bringt, weil auf der Couch sitzen bleiben keine Alternative ist. Streng genommen leistet mein Körper gerade sogar mehr als jeder durchtrainierte, leichtfüßige Hobbyläufer, der entspannt atmend durch Wälder und Felder huscht. Schwerstbeladen trug mich mein Körper vor einem Jahr sogar über die Ziellinie des Kölner Marathons.

Während ich ihm für jeden Schritt Anerkennung zolle und die Meisterleistung gar nicht genug würdigen kann, reagieren kreuzende Beobachter oft skeptisch. Läuft mein hochgewachsener, schlanker Freund an ihnen vorbei, nehme ich die Anerkennung in ihren Augen wahr. Fällt ihr Blick jedoch auf die kleine rennende Rubensfrau, wandelt er sich in Fragezeichen. Warum? Offensichtlich sind sie von dieser Kombination schlichtweg überfordert.

Glücklicherweise macht mir das nichts aus. Ganz im Gegenteil, ich genieße den verblüfften Ausdruck in ihren Augen. Mich motiviert es geradezu, wenn sie mich unterschätzen, nicht nur weil ich weiß, dass ich schon so manches Mal die Laufleistungen des eben erwähnten, optisch in das Läuferbild passenden Athleten übertroffen habe, auch wenn meine Beine (gefühlt) halb so lang sind und mein BMI doppelt so hoch ist. Ich laufe gegen genau diese Vorurteile an, um sie eines Besseren zu belehren, um all Jene zu motivieren, die sich nicht trauen, laufen zu gehen, weil sie vielleicht nicht der „optischen Norm“ entsprechen.

Das Einzige, was zwischen Laufen und Nicht-Laufen entscheidet, ist: „tun“ und glaubt mir, es tut einfach so gut, ihren irritierten Blicken wahlweise entgegen oder einfach davon zu sausen, denn ihr lauft, sie gucken nur.

Niemand kann euch aufhalten, außer ihr selbst!

Wenn Laufen bewegt

… dann kann das eine Strecke von A nach B sein. Es kann aber auch viel tiefer gehen, manchmal sogar mitten ins Herz. Mit kardiologischen Spitzen(leistungen) ist mein Herz bestens vertraut, aber was gestern geschah, hatte eine ganz andere Intensität und v.a. viele unbegreiflich schöne Emotionen.

3 Frauen, die unterschiedlicher nicht sein könnten, verbunden durch eine tiefe (Lauf-)Freundschaft, vereint bei einem Wettkampf, den sie in all den Jahren, in denen sie sich jetzt kennen, immer gemeinsam bestritten. Vorfreude, fröhliche Umarmungen, Laufen, Jubeln, Lachen, verschwitzte Umarmungen, Auto suchen, Essen gehen, glückliche Umarmungen… (in dieser oder ähnlicher Reihenfolge) machten diese Treffen zu unvergesslichen Erlebnissen.

Doch dieses Jahr war alles etwas anders. Schniefend, die letzten Erkältungssymptome von mir schiebend, schlüpfte ich in meine Laufklamotten. Als „Sonnenschein“ der Gruppe durfte ich einfach nicht fehlen. Zu wichtig war der heutige Support.

Später düste – wie so oft auf dem letzten Drücker – unsere „Laufrakete“ herbei. Manchmal frage ich mich, ob dieser permanente High Speed einfach ihr ganz normales Lebenstempo darstellt, den sie beim Wettkampf „nur“ noch zu halten braucht.

Damit war die gestrige Laufcrew leider auch schon vollständig, denn vor den Umkleiden wartete unsere „Triathletin“. Sie war außer Stande den Lauf anzutreten, weil sie momentan einen viel wichtigeren Wettkampf austrägt, einen (Wett-)Kampf gegen den Brustkrebs. Glücklicherweise ist sie so eine taffe Frau, die an dem Ausgang dieses bösartigen Wettkampfs keinen Zweifel lässt.

Um ihr zu demonstrieren, dass wir nicht nur hinter ihr stehen, sondern auch für sie laufen, haben wir Laufshirts (natürlich für uns alle 3) drucken lassen, (weil sie im nächsten Jahr schließlich auch eines brauchen wird, wenn sie wieder gesund ist). Das T-Shirt trug auf der Vorderseite ein Foto von einem früheren Wettkampf mit dem Untertitel: „Running for XY“. Für die Rückseite haben wir ein lustiges Bild von unserer „Perückenparty“ gewählt mit dem Untertitel: „XY : Cancer (1:0)“.

Diese Überraschung ist nicht nur geglückt. Sie ging unter die Haut; nicht nur bei ihr, sondern auch bei uns als in ihren Augen Freudentränen aufstiegen.

Beflügelt von dem Gemeinschaftsgefühl, unserer Freundschaft, der Stärke, dem Zusammenhalt und dem Wissen, was wirklich wichtig ist, war die Startlinie schnell überquert. Und nicht nur das, unsere „Laufrakete“ finishte den Lauf auch noch als allererste Frau, um den Pokal zu holen – für unsere Kämpferin, für unser Team.

Ich kann kaum in Worte fassen, was das in mir bewegt hat. Plötzlich wurde aus einer kleinen Geste ein unvergesslicher Glücksmoment

…wenn Laufen bewegt.

Läuferpancakes

An Wettkampftagen oder vor dem Training esse ich am liebsten Haferflocken mit Banane, weil es meinem Körper gut bekommt und mir eine solide Basis für die anschließenden Laufleistungen verschafft. Da bin ich kein Einzelfall, gehört dies doch zu den absoluten Klassikern. Aber was tun, wenn das Training schleift und man die Bananen irgendwie verwerten muss, oder wenn jene Kombi auf Dauer etwas langweilig wird? Bananenbrot backen? Porridge daraus machen? Ich habe einen anderen Vorschlag für euch. Was haltet ihr von super leckeren Läufer-Bananen-Pancakes?

Nehmt einfach:

  • 1 reife Banane
  • 100g Haferflocken
  • 2 Eier
  • 1 EL Kokosblütensirup
  • 1 Pr. Salz
  • etw. Backpulver (nicht zu viel, sonst bläht es im Bauch)
  • 1 Pr. Zimt oder 1 Pr. Ingwer
  • etwas Fett zum Ausbacken in der Pfanne

Super lecker!

P.S.: Ich hätte euch ja gern ein Foto von den Pancakes beigefügt, aber sie waren einfach zu schnell weg.

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Jeder Schritt zählt

Die meisten von uns verfolgen große Ziele, ob beruflich oder privat. Alle hoffen auf die großen Veränderungen, denn kleine, sich ankündigende Unstimmigkeiten werden meist so lange ignoriert bis sie sich zu größeren Unannehmlichkeiten auswachsen. Erst wenn es zwickt und kneift und wir sie nicht mehr ignorieren wollen oder können, weil wir eine aufkommende Unzufriedenheit bemerken, werden wir tätig. Dann soll es aber bitte schön direkt der große Sprung in’s neue Glück sein mit möglichst wenig Aufwand und möglichst großer Wirkung.

Was sich in der Theorie so wunderbar anhört, ist und bleibt in der Praxis aber ausdauernde Arbeit. Meist gilt, je größer das Ziel, desto mehr muss man dafür tun. Diese, bisweilen wenig zufriedenstellende, Einsicht kann zur vollständigen Resignation führen oder aber zu übertriebenem Aktionismus. Ich halte Beides für wenig zivilführend, denn ganz gleich, ob im Leben, beim Sport, bei Diäten, oder womit wir uns bisweilen gelegentlich noch so abmühen, überall gilt: jeder Schritt zählt.

42 km. Marathon. Will ich das wirklich? Wie bequem und gemütlich könnte meine Woche ohne Training aussehen?! Vielleicht schaffe ich es überhaupt nicht. Dann wäre eh alles umsonst. Nein, Resignation schon bevor der Trainingsplan überhaupt begonnen hat sind für mich vollkommen inakzeptabel, solange es hierfür keine triftigen gesundheitlichen Gründe gibt. Umsonst ist nie etwas, denn nur wenn wir es versuchen, können und werden wir wertvolle Erfahrungen sammeln.

Na gut, wenn ich mich dann schon für den Weg entscheide, dann sollte ich gleich auf Nummer sicher gehen und so weit bzw. so lange laufen wie ich kann. Dann weiß ich zumindest, wo ich stehe. Schwierig. Körperliche Grenzerfahrungen sollten behutsam angegangen werden, um den Körper nicht zu überfordern oder die Mission gar zu gefährden. Ziel ist es gerade nicht, jetzt schon einen Marathon zu laufen, sondern darauf hinzutrainieren, es irgendwann zu schaffen. Wäre mir wirklich damit geholfen, wenn ich heute feststelle, dass mehr als 25km aktuell nicht drin sind? Vielleicht setzt sich das sogar als Blockade im Kopf fest.

Natürlich könnte ich auch den ganz bequemen Weg gehen und ausharren bis es losgeht. Schließlich beginnt der Trainingsplan erst am 17. Juli und der wird anstrengend genug. Vielleicht sollte ich Kräfte sparen. Dann muss ich noch oft genug laufen. Nein, das kann doch auch nicht des Rätsels Lösung sein.

Ich habe mich heute Morgen tatsächlich für keine von diesen 3 Optionen entschieden, sondern einen Mittelweg gewählt. Letztlich bin ich nur 6,5km in knapp 40 Minuten gelaufen, aber um die Zahlen geht es überhaupt nicht. Es geht darum, anzufangen, einen Rhythmus aufzubauen, so dass man gar nicht mehr darüber nachdenkt, ob man laufen geht, sondern sich einfach nur noch überlegt, wohin.

Jetzt denkt ihr euch vielleicht, mag ja alles sein, aber mit laufen habe ich ohnehin nichts am Hut. Wozu das alles? Mir geht es in diesem Beitrag nicht zwingend (nur) um das Laufen, sondern darum, wie wir im Leben mit Unwägbarkeiten umgehen.

Ich konnte für mich feststellen, dass es nicht immer (gleich) der große Sprung sein muss. Auch noch so kleine Babyschrittchen bringen uns dem Ziel näher. Wir müssen einzig die Richtung kennen und uns auf den Weg machen. Manchmal erreichen wir mit Beständigkeit und Ausdauer, Kontinuität und Gewohnheit mehr als mit gelegentlichen Sprints, die uns zwar mit Schubkraft Richtung Ziellinie katapultieren, bei denen wir uns aber derart verausgaben, dass uns die Puste ausgeht.

Keep on going.

Marathon… ahoi

„Im Hafen ist ein Schiff sicher, aber dafür ist es nicht gebaut.“ (Seneca)

Dieses literarische Bild beschreibt die gemütliche Bequemlichkeit des treibenden Paddelbootes im sicheren Heimathafen, welches keine Stürme und große Wellen zu fürchten braucht. Dafür kann es aber auch keine Abenteuer zu neuen Destinationen in entfernte Ozeane, an unbekannte Plätze mit prägenden Erinnerungen und Begegnungen, wie die mutigen Boote neben ihm, erwarten.

Welches Boot möchtest du sein?

Ich bin von Natur aus eher das gemütliche Paddelboot: eine kleine Runde um den Teich, beschauliche Gegend, nette Atmosphäre, ungefährlich. Aber manchmal kitzelt es doch unter dem Paddel. Was, wenn ich mich einfach ein kleines Stückchen weiter wage? Was, wenn ich versuche, noch mehr aus mir herauszuholen? Ich muss mich ja nicht gleich in einen überdimensionalen Luxusdampfer verwandeln und rund um die Welt reisen. Für den Anfang reicht es vielleicht schon, wenn ich meinen Radius etwas ausdehne. Statt Paddel vielleicht ein bisschen Motorisierung, statt entspanntes Oberflächengleiten vielleicht doch ein bisschen mehr Tempo?

Im Hafen bin ich sicher, aber dafür bin ich nicht gebaut. Recht hat er, der gute Seneca. Aber wofür bin ich dann gebaut? Vielleicht gehe ich sang- und klanglos unter, wenn ich den Hafen verlasse. Verlasse ich ihn aber nicht, werde ich nie erfahren, wozu ich in der Lage gewesen wäre. Vielleicht bringe ich mich dadurch um die schönsten Reisen um die Welt oder zu mir. (Manchmal weiß ich nicht, was weiter entfernt ist.)

Ich habe deshalb beschlossen, mein Paddelboot umzurüsten und Segel zu setzen. Keine Sorge, ich möchte nicht auf und davon. Ich möchte „lediglich“ meinen Aktionsradius von 21,1 km auf 42,195 km erweitern.

Was nach der Einleitung so harmlos klingt, wird das Boot ordentlich zum Knarcksen bringen. Der Körper ist angeblich ein Anpassungswunder. Fordern wir ihn nicht, macht er es sich, wie das Paddelboot, gemütlich. Beginnen wir ihn regelmäßig zu fordern, wird er sich in seinem Tempo daran anpassen. Gewiss sind bei diesem Prozess natürliche Grenzen gesetzt. Aber ob die bei mir unter den 42km liegen, oder darüber, kann ich nur herausfinden, wenn ich es versuche.

Am 7. Oktober 2018 werde ich es in Köln ausprobieren. Was mich so sicher macht, dass ich das schaffen kann? Nichts. Ich weiß nur, dass ich es nie herausfinden werde, wenn ich es nicht versuche. Und selbst wenn ich es an diesem Tag nicht schaffen sollte, heißt es auch nur genau das, dass es an diesem Tag unter den Bedingungen nicht gelungen ist. Es heißt nicht, dass es das kleine gemütliche Paddelbötchen nicht irgendwann trotzdem schafft. Und wenn ihr jetzt meint, dass ich eine Schiffsschraube locker habe, dann kann das gut sein, aber hätte ich mich bei meinen Halbmarathonvorbereitungen davon beeinflussen lassen, wüsste ich bis heute nicht, dass ich diese Strecke sicher schaffen kann.

Ahoi.

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Grüße aus dem Laufstall

Und schon wieder neigt sich ein weiterer Monat dem Ende entgegen. Gefühlt habe ich einen großen Teil davon im Laufstall verbracht. Nein, ich habe keinen kleinen personifizierten Glücksmoment (anvertraut) bekommen. Ich habe mich für eine andere Herausforderung entschieden und meine Laufmaschen etwas enger gezogen.

So kam es, dass ich bereits heute meinen persönlichen Laufkilometerrekord des letzten Jahres geknackt habe. 211, 51km schmücken meine aktuelle Jahresbilanz und davon habe ich im April fast die Hälfte der Strecke geschrubbt. 96,18km bin ich in diesem Monat gelaufen und die 100km-Marke wird am Montag beim letzten offiziellen Lauftrefftraining auch noch fallen. Stolz bin ich schon jetzt. Physisch betrachtet bin ich nämlich alles andere als eine große Athletin. Auf meinen süßen 1,59m lasten 63kg, die ich Berg rauf und Berg runter schleppe und doch kassiere ich so manchen durchtrainierten Läufer im Wettkampf, zuletzt mit 38:00 Min. auf 7km (Pace: 5:24). Aber nicht nur, dass ich so manches Päckchen zu tragen habe, auch meine Herzfrequenz bewegt sich zwischen nahezu apathischen Zuständen und kolibrihaften Höchstschlägen. Selbstverständlich kardiologisch rückversichernd, hält mich selbst das nicht vom Laufen ab, (auch wenn natürlich immer ein wachsames Auge auf die Pulswerte schielt). Wenn man nur will, ist Vieles möglich. Und ich will laufen.

Ihr könnt das auch. Schlüpft in die Turnschuhe, egal für welche Strecke, egal für welche Zeit. Fangt einfach an. Jeder Schritt zählt. Ich würde mich freuen, wenn ihr mich ein Stück des Weges begleitet.

„Good company in a journey makes the way seem shorter.“ — Izaak Walton

Balance

Es geht im Leben nicht darum die Allerbeste zu sein, immer und überall Höchstleistungen zu erbringen, sich mit anderen zu messen und zu vergleichen. Es würde uns nur unglücklich machen. Das Einzige, was wirklich zählt, ist, sich jeden Tag darum zu bemühen, die beste Version von uns selbst zu leben. Dazu gehört, dass wir gut zu uns sind, dass wir gut mit unserem Körper umgehen, mit unseren Kraftreserven und unseren Fähigkeiten, dass wir eine Balance finden, in der wir leben können und wollen.

Wenn wir ein gesundes geistiges und körperliches Fundament legen, können wir unser Leben darauf aufbauen. Wir gewinnen an Stabilität und Ausgeglichenheit und erschaffen uns damit einen sicheren Hafen. Von da aus können wir unseren Träumen, inspirierenden Menschen und Begegnungen, Abenteuern und Erfahrungen entgegensegeln und zurückkehren, wann immer wir Ruhe und Geborgenheit oder manchmal auch ein Stück uns selbst suchen. Alles, was wir brauchen, findet sich dort – in uns. Deshalb ist es auch so wichtig, dass es sich gut anfühlt, wenn wir dorthin zurückkehren, damit wir nicht nur ganz bei uns sein können, sondern auch sein wollen.

Dabei geht es gar nicht so sehr darum, ob dieses Zuhause Idealmaße hat, sondern ob es sich friedlich und gesund anfühlt. In meinem Körper wüten momentan Kräfte, die sich nur bedingt kontrollieren lassen. Sie haben ihren eigenen Kopf, aber das dürfte mich gar nicht wundern. Statt ihr launenhaftes Gewusel zu verfluchen, habe ich mich dazu entschlossen, sie gewähren zu lassen, ihre Reaktionen liebevoll anzunehmen und darauf zu vertrauen, dass sich alles irgendwann legen wird. Ich lasse mich einfach nicht beirren und laufe weiter, suche in Yoga und Pilates Tiefenentspannung und vertraue auf meine Fähigkeit zu erkennen, was mir gut tut. Frische Luft, Bewegung, ausgewogene Ernährung mit gelegentlichem Sündigen sind dabei die Eckpfeiler auf die ich baue.

Ob ich das kann?

… keine Ahnung! Woher soll ich das wissen, wenn ich es nicht ausprobiere?!

Gesagt. Getan. Nun gut, so schnell ging es dann doch nicht. Ich brauchte über 2 Stunden, um herauszufinden, ob ich einen Halbmarathon laufen kann. Trainiert hatte ich nicht wirklich. Abschätzen ließ sich der Ausgang kaum. Das Wetter war ungemütlich. Die Motivation und Stimmung meiner sportlichen Begleiterinnen hielt. Achselzuckend und gespannt klemmte ich in der Menschenmenge. Meine Startnummer auf dem Bauch bescheinigte mir die Teilnahme. Mein Körper sehnte sich dafür nach der nächstbesten Couch. Mein Geist träumte sich in den Winterschlaf. Nur das Adrenalin pochte mahnend und forderte Disziplin. Kleinlaut zog der Schweinehund die Schleifchen an den Turnschuhen noch einmal fest. Es gab kein Zurück mehr. Es blieb nur noch eine Möglichkeit das Ganze hinter mich zu bringen: Schritt für Schritt in Richtung Ziel. Je schneller, desto eher wäre ich fertig… fix und fertig… mit den Nerven, der Kraft, aber womöglich auch mit dem Wettkampf. Sollte es tatsächlich gelingen?! Die Zeit war mir zugegebenermaßen egal. Ich wollte einfach nur aus eigenen Kräften ins Ziel kommen – laufend, kriechend, gehend – vollkommen schnuppe.

Meine Herzfrequenz war erwacht und pochte auch dieses Mal der 200 entgegen. Hiervon völlig unbeeindruckt schlüpfte meine Kondition in ihren Kuschelpulli und machte es sich in ihren Uschiklamotten gemütlich. Schließlich war Feiertag. Ich konnte die Strecke also nur mit meinem Kopf meistern. Zusätzliche Motivation musste her. Meine sportlichen Begleiterinnen glaubten an mich. (Sollten sie auch, wenn sie mir den ganzen Schlamassel schon eingebrockt haben! 😉 ) Sie würden im Ziel Hefeweizen schlürfend bereits auf mich warten und frieren, wenn ich nicht bald komme. Außerdem warteten dort noch 2 1/2 weitere Herzensmenschen mit ähnlichem unerschütterlichem Glauben an mich. Bevor die Wiedersehensfreude jedoch vollumfänglich zelebriert und ausgelebt werden konnte, musste ich aber noch diese verdammte Strecke bewältigen.

Ich beschloss, diese Menschen gedanklich mit auf die Bahn zu nehmen und jeden Kilometer einem ganz besonderen Menschen zu widmen. Sie zu enttäuschen, hätte ich nicht über’s Herz gebracht. Und so hielt ich mich an das Forrest Gump-Prinzip und lief und lief und lief… Auch wenn mein Rücken bereits beim 11. Kilometer dicht machte, hielt sich der Rest wacker. Mein Herz hämmerte mit 209 Schlägen dem Zieleinlauf entgegen. Der Rest machte einfach kontinuierlich weiter. Ein letzter (fieser!!!!!) Anstieg, bevor mich die Jubelrufe meiner motivierenden Streckencrew tatsächlich dem Ziel entgegentrugen. Es war vollbracht. Und das sogar unter 2:15.