Jeder Schritt zählt

Die meisten von uns verfolgen große Ziele, ob beruflich oder privat. Alle hoffen auf die großen Veränderungen, denn kleine, sich ankündigende Unstimmigkeiten werden meist so lange ignoriert bis sie sich zu größeren Unannehmlichkeiten auswachsen. Erst wenn es zwickt und kneift und wir sie nicht mehr ignorieren wollen oder können, weil wir eine aufkommende Unzufriedenheit bemerken, werden wir tätig. Dann soll es aber bitte schön direkt der große Sprung in’s neue Glück sein mit möglichst wenig Aufwand und möglichst großer Wirkung.

Was sich in der Theorie so wunderbar anhört, ist und bleibt in der Praxis aber ausdauernde Arbeit. Meist gilt, je größer das Ziel, desto mehr muss man dafür tun. Diese, bisweilen wenig zufriedenstellende, Einsicht kann zur vollständigen Resignation führen oder aber zu übertriebenem Aktionismus. Ich halte Beides für wenig zivilführend, denn ganz gleich, ob im Leben, beim Sport, bei Diäten, oder womit wir uns bisweilen gelegentlich noch so abmühen, überall gilt: jeder Schritt zählt.

42 km. Marathon. Will ich das wirklich? Wie bequem und gemütlich könnte meine Woche ohne Training aussehen?! Vielleicht schaffe ich es überhaupt nicht. Dann wäre eh alles umsonst. Nein, Resignation schon bevor der Trainingsplan überhaupt begonnen hat sind für mich vollkommen inakzeptabel, solange es hierfür keine triftigen gesundheitlichen Gründe gibt. Umsonst ist nie etwas, denn nur wenn wir es versuchen, können und werden wir wertvolle Erfahrungen sammeln.

Na gut, wenn ich mich dann schon für den Weg entscheide, dann sollte ich gleich auf Nummer sicher gehen und so weit bzw. so lange laufen wie ich kann. Dann weiß ich zumindest, wo ich stehe. Schwierig. Körperliche Grenzerfahrungen sollten behutsam angegangen werden, um den Körper nicht zu überfordern oder die Mission gar zu gefährden. Ziel ist es gerade nicht, jetzt schon einen Marathon zu laufen, sondern darauf hinzutrainieren, es irgendwann zu schaffen. Wäre mir wirklich damit geholfen, wenn ich heute feststelle, dass mehr als 25km aktuell nicht drin sind? Vielleicht setzt sich das sogar als Blockade im Kopf fest.

Natürlich könnte ich auch den ganz bequemen Weg gehen und ausharren bis es losgeht. Schließlich beginnt der Trainingsplan erst am 17. Juli und der wird anstrengend genug. Vielleicht sollte ich Kräfte sparen. Dann muss ich noch oft genug laufen. Nein, das kann doch auch nicht des Rätsels Lösung sein.

Ich habe mich heute Morgen tatsächlich für keine von diesen 3 Optionen entschieden, sondern einen Mittelweg gewählt. Letztlich bin ich nur 6,5km in knapp 40 Minuten gelaufen, aber um die Zahlen geht es überhaupt nicht. Es geht darum, anzufangen, einen Rhythmus aufzubauen, so dass man gar nicht mehr darüber nachdenkt, ob man laufen geht, sondern sich einfach nur noch überlegt, wohin.

Jetzt denkt ihr euch vielleicht, mag ja alles sein, aber mit laufen habe ich ohnehin nichts am Hut. Wozu das alles? Mir geht es in diesem Beitrag nicht zwingend (nur) um das Laufen, sondern darum, wie wir im Leben mit Unwägbarkeiten umgehen.

Ich konnte für mich feststellen, dass es nicht immer (gleich) der große Sprung sein muss. Auch noch so kleine Babyschrittchen bringen uns dem Ziel näher. Wir müssen einzig die Richtung kennen und uns auf den Weg machen. Manchmal erreichen wir mit Beständigkeit und Ausdauer, Kontinuität und Gewohnheit mehr als mit gelegentlichen Sprints, die uns zwar mit Schubkraft Richtung Ziellinie katapultieren, bei denen wir uns aber derart verausgaben, dass uns die Puste ausgeht.

Keep on going.

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